Eine Pandemie hat die Gesellschaften rund um den Globus fest im Griff. Auch die Menschen in Sachsen sind seit Monaten mehr oder minder geduldig und versuchen sich weitgehend an Regeln zu halten. Gerade Familien erduldeten und erdulden ein nicht einfaches Schicksal der Beschränkungen vor allem für ihre Kinder. Ohne Freunde oder selbstorganisierte Freizeitangebote wurden Kinder und Jugendliche mitten in identitätsbildenden Entwicklungsphasen wochenlang auf familiäre Kontexte und auf ihre Rollen als Schüler*innen reduziert, sahen ihre Interessen oder ihre Sorgen während der Pandemie nicht ernstgenommen oder sich nicht in Gestaltungsprozesse eingebunden.
Nun stehen die Haushaltsverhandlungen der sächsischen Koalition an und erste öffentliche Verlautbarungen lassen vermuten, dass zum Corona-Griff noch der des Sparens die Menschen zusätzlich belasten soll. Von drastischen Maßnahmen und einem Haushalt ohne Neuverschuldung ist die Rede. Ein hehres Ziel, aber auch eines, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land extrem gefährdet und unnötige Flächenbrände riskiert.
Nicht selten ist in solchen Situationen wie diesen die Rede von „Investitionen in die Zukunft“; gemeint sind dabei Beton und Straßen, nicht junge Menschen und deren Lebensbedingungen oder deren Möglichkeiten selbstbestimmt Erfahrungen zu machen, Verantwortungsübernahme zu üben oder Beteiligung zu erlernen. Diese Grundbedingungen für ein gelingendes gesellschaftliches Miteinander finden sich häufig in den als freiwillig bezeichneten Leistungen und damit ganz oben auf der Streichliste. Die Geringschätzung der Bedeutung dieser Leistungen für ein gesellschaftliches Miteinander ist fatal und lässt auch die bereits erlebten Folgen einer derartigen Kürzungspolitik in der Vergangenheit außer Acht.
2010/2011 und vor allem in den Folgejahren konnte Sachsen erleben, wie sich Haltungen und Werte verschieben, wenn Menschen das Gefühl haben, nicht mehr oder nur im Umfeld von Wahlen im Mittelpunkt politischer Bemühungen zu stehen. Finanziell sind die damaligen Kürzungen unter der schwarz-gelben Regierung möglicherweise eingefangen, der Schaden für die Akzeptanz und das Vertrauen in politisches Handeln ist geblieben.
Der Kinder- und Jugendring Sachsen als größter Vertreter junger Menschen im Freistaat erwartet von der Staatsregierung in einer derartigen und seit Ausbruch des zweiten Weltkrieges nie dagewesenen Herausforderung Augenmaß, Vernunft und ein über Sparen um jeden Preis hinausgehendes Verantwortungsgefühl bei der Aufstellung des kommenden Doppelhaushalts. Es ist das Eine, bestimmte gesellschaftliche Bereiche in der Krise als systemrelevant zu bezeichnen und sich deren Engagements zu bedienen. Das Andere ist es, sich auch in den Nachwehen daran zu erinnern und dann deren Relevanz für die Zukunft nicht leichtfertig in Frage zu stellen. Finanzminister Vorjohann mit seiner Einschätzung, dass Bildung in allen möglichen Facetten Priorität hat, schlägt damit eine ähnlich vernünftige Richtung ein wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Hartmann mit seinem Versprechen eines „intelligenten Haushalts“ für Sachsen.
Ansprechpartner*in:
Jan Witza, Vorsitzender, jan.witza(at)evlks.de, fon: 0351-4692-422
Wencke Trumpold, Geschäftsführerin, w.trumpold@kjrs.de, fon: 0351-31679-15